Ein Angehöriger von Ihnen wurde auf Grundlage eines Haftbefehls festgenommen und »sitzt« in Berlin in Untersuchungshaft (»U-Haft«). Auf dieser Seite erfahren Sie, wie Sie ihm helfen können.
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Nach den allgemeinen Regelungen darf die Polizei eine Person bis zum Ablauf des Folgetages der Freiheit entziehen. Im schlimmsten Fall also 48 Stunden, im besten Fall nur 24 Stunden. Läuft der Folgetag ab, muss die Person einem Haftrichter zum Erlass eines Haftbefehls vorgeführt werden. Die Staatsanwaltschaft beantragt dann den Erlass eines Haftbefehls. Für diesen gelten strenge Voraussetzungen. Die Voraussetzungen des Haftbefehls sind nach § 112 StPO vereinfacht gesagt:
Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus der Tatsache, dass der Beschuldigte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Täter der Straftat gewesen ist. Ein Haftgrund liegt meistens in der Fluchtgefahr. Dabei ist eine Prognose durchzuführen, ob der Beschuldigte bei der Tat eine derart hohe Strafe zu erwarten hat, dass er sich dem Gerichtsverfahren nicht stellen wird. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn von einer Hafterwartung von mehr als zwei Jahren auszugehen ist, die auch nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Die Dauer der Untersuchungshaft hängt sehr vom Einzelfall ab. Die Untersuchungshaft ist keine Strafe, sondern nur ein Mittel, um sicher zu stellen, dass sich der Beschuldigte dem Gerichtsverfahren auch stellen wird und anschließend seine Strafe auch tatsächlich antreten wird. Je höher die zu erwartende Strafe ist, umso unwahrscheinlicher ist es, dass die Person frühzeitig aus der Untersuchungshaft entlassen wird. Während der Untersuchungshaft gilt jedoch für die Staatsanwaltschaft der Beschleunigungsgrundsatz. Weil der Beschuldigte ohne Urteil in Haft sitzt, sind Ermittlungen möglichst rasch zu führen. Spätestens mit Ablauf von sechs Monaten ist hier in Berlin das Kammergericht über die Durchführung der Untersuchungshaft zu informieren und durch die Staatsanwaltschaft zu erklären, weswegen diese noch andauert. Stellt der Beschuldigte einen Antrag auf einen Haftprüfungstermin, hat das Gericht unverzüglich zum Haftprüfungstermin zu laden. So sieht es § 118 Abs. 5 der Strafprozessordnung vor. Spätestens zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags muss die Haftprüfung durchgeführt werden. Von der Beauftragung des Rechtsanwalts bis zur Entlassung dauert es also in der Regel 14 bis 20 Tage, bis die Untersuchungshaft realistisch beendet werden kann. Dies hängt aber von vielen Umständen ab. In anderen Fällen ist die Beendigung der Untersuchungshaft – beispielsweise bei Mord – eher sehr unwahrscheinlich.
Während der Untersuchungshaft dürfen Sie den Häftling nur zwei mal im Monat für jeweils bis zu 60 Minuten besuchen. Der Häftling muss beantragen, dass Sie ihn besuchen dürfen – nicht andersrum. Bei jedem besuch dürften drei Personen als Besucher dabei sein. Die Monate werden genau berechnet. Kommt die Person am 20. eines Monats in Untersuchungshaft, können Sie bis zum Ende des Monats noch die beiden Besuchstermine wahrnehmen. In wenigen Fällen kann die Staatsanwaltschaft anordnen, dass der Beschuldigte in der Untersuchungshaft keinen Besuch empfangen darf – geregelt ist das in § 119 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO). In einem solchen Fall müssen Sie zunächst bei dem zuständigen Staatsanwalt eine Besuchserlaubnis beantragen und anschließend mit der Justizvollzugsanstalt einen Termin vereinbaren. Alle Termine müssen mit dem Besuchszentrum abgestimmt werden. Den ersten Besuch stimmen Sie am besten telefonisch in der Zeit zwischen 10.00 Uhr und 15.00 unter +49(0)30-9014-5535 mit dem Besuchszentrum ab. Seien Sie bitte geduldig mit dieser Leitung und rufen sie vielleicht mehrfach an. Die Folgetermine können Sie bei dem jeweiligen Besuch vereinbaren. Bringen Sie zum Besuch einen Personalausweise oder ein vergleichbares Dokument mit.
Besuchszeiten sind wie folgt:
Montag | 11.45 Uhr bis 18.45 Uhr (letzter Einlass) |
Dienstag | 9.45 Uhr bis 16.45 Uhr (letzter Einlass) |
Mittwoch | 9.45 Uhr bis 16.45 Uhr (letzter Einlass) |
Donnerstag | 9.45 Uhr bis 16.45 Uhr (letzter Einlass) |
Freitag | 7.45 Uhr bis 14.45 Uhr (letzter Einlass) |
Halten Sie die Besuchszeiten unbedingt ein und erscheinen Sie pünktlich. Andernfalls besteht die Gefahr, dass ihr Termin verfällt. Es düften keine Geschenke oder andere Dinge wie Lebensmittel oder Medikamente mitgebracht werden. Nehmen Sie eine Zwei-Euro-Münze mit. Sie müssen Ihre persönlich Gegenstände in ein Schließfach einschließen. Sie haben allerdings die Möglichkeit, in bereitgestellten Automaten bei jedem Besuch für 15 Euro (nur Kleingeld!) Zigaretten und Nahrungsmittel für den Gefangenen zu kaufen und ihm zu übergeben.
Der Besitz von Bargeld ist in der JVA verboten. Daher dürfen Sie kein Bargeld überreichen, noch per Post versenden. Jeder Gefangene hat jedoch ein Konto, auf das Geld eingezahlt weden kann. Die Kontoverbindung lautet wie folgt:
Empfänger | Zahlstelle der JVA Moabit |
IBAN | DE81 1001 0010 0007 2771 01 |
BIC | PBNKDEFF |
Verwendungszweck | VORNAME NACHNAME, Geburtsdatum*, Buchnummer* |
Überweisen Sie etwas um die 50,- Euro bis 100,- Euro. Das sollte zunächst reichen.
Jeder Inhaftierte erhält Kleidung, oder trägt Arbeitskleidung. Für den Inhaftierte ist es aber weitaus angenehmer, seine eigene Kleidung tragen zu können. Sie können daher dem Inhaftierten beispielsweise Jogginghosen, Unterhosen, Strümpfe, Shirts, Hoodies usw. bringen (für Jeans und Winterjacken besteht dagegegn weniger Bedarf). Einmal pro Woche können Sie an der so genannten „Wäschepforte“ bis zu 5 Kilogram Wäsche abgeben. Bei den Besuchen kann Ihnen die Schmutzwäsche zurückgeben werden.
Öffnungszeiten der Wäscheabgabestelle (Pforte VII)
Montag | 11.30 Uhr bis 18.00 Uhr |
Dienstag* | 9.30 Uhr bis 16.00 Uhr |
Mittwoch | 9.30 Uhr bis 16.00 |
Dienstag* | am letzten Dienstag im Monat nur von 12.00 Uhr bis 16.00 Uhr |
Jeder Gefangene darf Post empfangen. Seien Sie sich aber darüber bewusst, dass Briefe möglicherweise mitgelesen werden. Beschriften Sie Ihre Post wie folgt:
Geben Sie den vollständigen Absender an.
Herrn Max Mustermann JVA Moabit Alt-Moabit 12a 10557 Berlin Buchnummer falls bekannt
Die Inhaftierten haben keine eigenen Mobilfunktelefone. Auch Sie werden keins wärend Ihres Besuchs haben (wird eingeschlossen). Die Inhaftierten dürfen auf eigene Kosten ( 0,09 Euro/Min) ins deutsche Festnetz und ins Mobilfunknetz (0,29 Euro/Min) telefonieren. Dafür können sie Telefonkarten des Anbieters Telios kaufen, die sie mit ihrem Geld auf ihrem Konto erwerben können. Inhaftierte können auch nach wenigen Tagen im Hausdienst arbeiten – beispielsweise in der Küche – und so etwas Geld verdienen. Lassen Sie dem Inhaftierte postalisch wichtige Telefonnummern zukommen. Es gibt nur noch wenige Menschen, die Telefonnummern auswendig können. Sie können dem Inhaftierten Geld zum Telefonieren zukommen lassen. Per Überweisung
IBAN
DE95 2004 0000 0614 2947 03
Verwendungszweck:
achtstetige Benutzer Nummer von Telio
Oder im Internet auf www.frindlo.com. Dazu benötigen Sie die achtstellige Telio-Nutzerkennung und die vierstellige PIN.
Nach der Kontaktaufnahme von Angehörigen wird der Rechtsanwalt
Es kann die so genannte Haftprüfung durchgeführt werden. Dabei stellt der Beschuldigte meistens durch einen Rechtsanwalt einen Antrag darauf, eine mündliche Haftprüfung bei einem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Tiergarten durchzuführen. Dabei kann erörtert werden, ob in der Sache der Erlass eines Haftbefehls überhaupt gerechtfertigt war und ob möglicherweise nicht weniger einschneidende Maßnahmen dem Haftbefehl gerechnet werden können. Beispielsweise kann der Beschuldigte eine Sicherheit in Höhe von rund 5.000,- Euro bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Tiergarten hinterlegt werden. Hat der Beschuldigte nicht die Möglichkeit, eine Sicherheit zu hinterlegen, bietet sich die Möglichkeit, den Vollzug des Haftbefehls von Auflagen abhängig zu machen. So muss sich beispielsweise der Beschuldigte regelmäßig auf einer Polizeidienststelle melden.
Ein Strafverteidiger wird nach der Kontaktaufnahme durch den Beschuldigten selbst oder nach der Kontaktaufnahme durch Angehörige einen Besuchstermin in der Justizvollzugsanstalt Moabit vereinbaren. Derartige Termine können sehr kurzfristig vergeben werden. Anschließend lässt sich der Verteidiger durch den Beschuldigten damit beauftragen, ihn in der Sache zu verteidigen. Die von dem Beschuldigten unterzeichnete Vollmacht wird sofort an das Amtsgericht Tiergarten weitergeleitet und um Anberaumung eines Haftprüfungstermin gebeten. Nach der Strafprozessordnung muss dieser innerhalb von zwei Wochen nach dem Antrag durchgeführt werden. Anschließend entscheidet der Ermittlungsrichter, ob der Haftbefehl bestehen bleibt, oder ob dessen Vollzug außer Kraft gesetzt wird. Bereits mehrfach hat das Amtsgericht Tiergarten den Vollzug von Haftbefehlen außer Kraft gesetzt und von der Einhaltung von Meldeauflagen abhängig gemacht.
Justizvollzugsanstalt Moabit
Alt-Moabit 12a, 10557 Berlin
Tel: 030-9014-5535; Fax: 030-90145005
E-Mail: post@jvambt.berlin.de
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Ehssan Khazaeli
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