Zwei 18-jährige mussten sich vergangene Woche vor einem Jugendrichter des Amtsgerichts Tiergarten wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung verantworten. Im August 2022 sollen die beiden Angeklagten einer Gruppe von Jugendlichen nachgegangen sein und ihnen zugerufen haben, sie sollten doch stehen bleiben. Plötzlich griff einer der Angeklagten den späteren Geschädigten an den Händen und der andere Angeklagte schlug ihm mehrfach mit der Faust ins Gesicht. Es entstand eine Rauferei. Der Geschädigte erlitt eine Einblutung ins Auge und eine Prellung des Gesichts. Wegen der Verletzung hatte er ein Vorstellungsgespräch verschoben. Eine von der Polizei durchgeführte Atemalkoholmessung ergab eine Konzentration von rund 0,8 Promille bei den Angeklagten.
Der ältere der beiden Angeklagten wurde von dem Berliner Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli verteidigt. Die Jugendgerichtshilfe regte an, ihn zu einem Wochenendarrest in der Jugendarrestanstalt zu verurteilen. Der Jugendarrest wird nach § 13 des Jugendgerichtsgesetz (JGG) als Zuchtmittel – nicht als Strafe – bezeichnet. Der Jugendrichter wendet Zuchtmittel an, wenn die Verhängung der Jugendstrafe nicht geboten erscheint, dem Jugendlichen aber eindringlich vor Auge geführt werden muss, dass er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat. Der Arrest kann nach § 16 JGG als Wochenendarrest oder als Dauerarrest bis zu vier Wochen ausgesprochen werden. Die Staatsanwaltschaft forderte gar einen zweiwöchigen Dauerarrest. Er war bereits mehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung aufgefallen und wies entsprechende Einträge im Bundeszentralregister auf.
Der Angeklagte ließ den Tatvorwurf im Wesentlichen durch seinen Verteidiger einräumen, erklärte aber auch zugleich, sich an Einzelheiten nicht zu erinnern. Bei dem Geschädigten entschuldigte er sich und bot von sich aus an, ihm ein Schmerzensgeld zu zahlen. Nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetzbuchs (StGB) wird mit Freiheitsstrafe ab sechs Monaten bestraft, wer die Körperverletzung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht. Das Jugendstrafrecht findet auf Heranwachsende nach § 105 JGG Anwendung, wenn die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, dass er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.
Weil er bereits seit Februar 2023 eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann begonnen hatte, drei Tage in der Woche im Betrieb arbeitet und zwei Tage zur Berufsschule geht, sah der Jugendrichter von der Verhängung von Jugendarrest ab – stattdessen wurde er zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 500,- Euro (ein Ausbildungsgehalt) und zur Teilnahme an einem Anti-Aggression-Training verurteilt. Zuvor war es gelungen in einer Art Interview zwischen dem Verteidiger und dem Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung den Arbeitsalltag und seinen Verantwortungsbereich darzustellen. Die Teilnahme an dem Anti-Aggressions-Training wird jetzt von der Jugendgerichtshilfe eingeleitet. Der andere Angeklagte war bisher polizeilich nicht in Erscheinung getreten – hatte nach der Schule allerdings offenbar Schwierigkeiten eine Ausbildung zu finden. Er wurde zur Teilnahme an einem Berufsfindungskurs und zu 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Dessen Erlöse sollen dem Geschädigten zu Gute kommen.
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