Sabrina K. und Sascha K. lernen sich im Sommer 2022 auf der Dating-Plattform Bumble kennen. Sabrina studiert in Portugal – pendelt aber regelmäßig zwischen Berlin und Portugal. Beide schreiben viel miteinander und senden sich regelmäßig Sprachnachrichten. Zu einem ersten – aber auch letzten – Treffen kommt es im September 2022. Sascha arbeitet für eine Senatsverwaltung in Berlin und soll bald verbeamtet werden. Er fürchtet, dass die Ermittlungen seiner Verbeamtung im Weg stehen könnten.
Mitte September 2022 spielt Union Berlin im Rahmen der Europa League gegen den SC Braga. Braga wird das Spiel am Abend des 15. September 2022 mit 1 zu 0 für sich entscheiden. Sascha einigt sich mit Sabrina darauf, dass er zu dem Spiel anreisen wird. Union hat dazu fünf Maschinen gechartert. Auch sie reist von Porto mit dem Zug an. Die Fahrt dauert rund eine Stunde.
In Braga angekommen nehmen sich die beiden ein Hotelzimmer. Schon während der Taxi-Fahrt in das Hotel küssen sich die beiden. Am ersten Abend haben die beiden Sex miteinander. Sie hatte ihn vor dem Abflug aus Berlin gebeten, Kondome mitzubringen. Auch in den kommenden Tagen werden die beiden immer wieder miteinander schlafen. Oft ist Alkohol im Spiel. Die beiden trinken gemeinsam zu jeder Mahlzeit mehr als eine Flasche Wein.
Auch an dem Tattag gehen beide abends in ein Restaurant in dem sie bereits am Vorabend waren. Sie trinken denselben Wein. Sabrina findet, ihr würde nun von dem Wein schlecht werden. So wird sie es später Ermittlern berichten. Später wird sie sich nicht mehr sicher sein, ob sie eine Flasche Wein oder zwei Flaschen getrunken haben. Über den Tag hatte sie nur ein belegtes Croissant gegessen, sagt sie den Ermittlern. Das dürfte die Wirkung des Alkohols verstärkt haben. Beide gehen zurück auf das Hotelzimmer. Zum Sex kommt es an dem Abend nicht mehr, weil beide erschöpft und müde sind. Er gibt ihr noch einen längeren Gute-Nacht-Kuss und legt sich anschließend schlafen.
Mitten in der Nacht sei Sabrina K. aufgestanden, habe Sascha geweckt und ihm vorgeworfen, „weitergemacht“ zu haben, obwohl sie es nicht wollte. Dieser aber bezog das „Weitermachen“ auf den längeren Gute-Nacht-Kuss und nicht etwa auf sexuelle Handlungen. Er entschuldigte sich dafür, wollte aber weiterschlafen. Zu einer Aussprache am nächsten Morgen kam es nicht. Sabrina K. reiste überstürzt weiter nach Spanien. Dort suchte sie einen Arzt auf, der keine Anhaltspunkte für eine Vergewaltigung finden konnte. Auch die spanische Polizei kann keine weiteren Ermittlungsanhalte finden, weswegen sie das Verfahren beenden. Nach § 177 Abs. 6 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB), wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren verurteilt, wer den „Beischlaf“ mit dem Opfer vollzieht.
Der Berliner Polizei wird sie später berichten, sie habe umrisshafte Erinnerungen daran, wie die beiden Sex miteinander haben. Sie sei fast nackt aufgestanden und habe daraus geschlossen, dass doch noch etwas passiert sein muss. Außerdem, so berichtet sie es den beiden Ermittlern, erinnert sie sich an ein Bild, wie Sascha vor ihr steht und das Kondom abstreift. Deswegen hat sie auch das Gefühl, sie hätten in der Nacht ungeschützten Geschlechtsverkehr miteinander gehabt. Handfeste Beweise für all das gibt es nicht.
Staatsanwaltschaften sind nur dann berechtigt und verpflichtet, Anklagen zu dem zuständigen Gericht zu erheben, wenn sie einen hinreichenden Tatverdacht gegen den Beschuldigten annehmen. Hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn es bei vorläufiger Beurteilung der Beweissituation wahrscheinlicher ist, dass der Beschuldigte verurteilt wird als dass er freigesprochen wird. Insoweit kommt der Anklagebehörde ein weiter und gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Von einer derartigen Wahrscheinlichkeit war hier nicht auszugehen, zumal sich die Geschädigte schon gar nicht sicher war, ob sie die von ihr in Ansätzen geschilderte Vergewaltigung überhaupt erlebt hatte. Es ist zwar bei Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen nicht gänzlich ausgeschlossen, dass das Gericht zu einer Verurteilung gelangt. In einem derartigen Fall werden aber an die Beweiswürdigung des Gerichts und damit auch an die Glaubwürdigkeit der Zeugen besonders hohe Anforderungen gestellt.
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Ehssan Khazaeli
Rechtsanwalt
Strafrecht · Medienrecht
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