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Bewaffneter Handel mit Betäubungsmitteln: Milde Strafe für Spandauer 

Ein Malergeselle ist am vergangenen Dienstag von einem Schöffengericht des Amtsgerichts Tiergarten zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Dem 34-jährigen war bewaffneter Handel mit Betäubungsmitteln vorgeworfen worden. Zuvor saß er rund 7 Wochen in Untersuchungshaft.

Im April  2022 erhielt ein Polizeiabschnitt in Spandau einen kryptischen Hinweis. Aus einer näher bezeichneten Wohnung soll mit Betäubungsmitteln gehandelt werden, stand in Schönschrift auf einem linierten Blatt Papier. Polizisten einer Einsatzhundertschaft sicherten einige Tage später in zivil den Einsatz der Drogenfahnder ab. Man wollte klären, ob sich der Hinweis bestätigt.

Bewaffneter Handel mit Betäubungsmitteln: Anonymer Hinweis bringt Ermittlungen ins Rollen

Vermeintlichen Kunden folgten zivil gekleidete Polizeikräfte bis zum nächsten Edeka. Was folgt war eine Personenkontrolle, bei der Betäubungsmittel festgestellt worden. Zwei Kunden – ab jetzt in den Akten als „gesondert Verfolgte“ bezeichnet – gaben an, wo sie die Betäubungsmittel gekauft hatten.

Original Teil aus der Akte: Unter de Hinweis fand sich die Anschrift des Beschuldigten

Ein Staatsanwalt bemühte sich anschließend einen telefonischen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung des Beschuldigten zu erhalten. Innerhalb von acht Minuten versuchte der zuständige Staatsanwalt während der Mittagspause dreimal erfolglos telefonisch einen Ermittlungsrichter in Moabit zu erreichen. Die einzelnen Uhrzeiten hat er in den Akten dokumentiert.

Staatsanwaltschaft ordnet Durchsuchung der Wohnung an

Der Staatsanwalt ordnet daraufhin aus eigener Zuständigkeit – die plötzlich entstanden sein soll – die gewaltsame Öffnung und Durchsuchung der Wohnung an. Einsatzkräfte der Einsatzhundertschaft brechen mit einer Ramme die Wohnungstür auf. „Nach Überschreiten der Wohnungsschwelle haben wir uns durch deutliche Rufe als Polizei zu erkennen gegeben“, heißt es im Durchsuchungs- und Festnahmebericht.

Mehr als 400g „Blütenstände der Cannabispflanze sowie Stängelmaterial“ fanden die Beamten in der Wohnung, die in der Staakener Obstalle liegt. In einem Schrank finden sie ein Jagdmesser. Im Wohnungsflur einen Teleskopschlagstock und einen Baseballschläger und in einer Schublade einen so genannten Kubotan. Ein Schlagwerkzeug, das erhebliche Verletzungen hervorrufen kann. Außerdem finden die Beamten Verpackungsmaterial und rund 815,- Euro Bargeld.

Im Flur finden sich Waffen

Kurz bevor die ersten Polizei zur „Herstellung der Sicherheit“ die Wohnung betreten hatten, flog von einem Balkon aus der Wohnung des Beschuldigen ein kleines Päckchen auf den darunter liegenden Balkon. Ein Polizist der zur Vermeidung von Zuordnungsproblemen die Rückseite des Gebäudes beobachtete, sah den Wurf. Ermittler werden später behaupten, der Nachbar habe das Tütchen auf dem Balkon versteckt. Er selbst bestreitet später, auf dem Balkon gewesen zu sein.

Nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft, wer mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt und dabei „Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind“. 

Bewaffneter Handel mit Betäubungsmitteln: Minderschwerer Fall

Friedrich P. hat mit einer „Fluchtanreiz bietenden Freiheitsstrafe“ zu rechnen. Die Staatsanwaltschaft beantragt daher den Erlass eines Haftbefehls. Am nächsten Morgen wird er in Moabit einem Haftrichter vorgeführt. Auch weil er als damals noch 33-jähriger keine Frau oder Familie hat, würde Fluchtgefahr bestehen. Ein eilig herbeigerufener Strafverteidiger wohnt dem Termin als Pflichtverteidiger bei. Gegen Friedrich P. ergeht ein Haftbefehl. Zwei Wochen später wird ein Haftprüfungstermin durchgeführt. Der Pflichtverteidiger nimmt nach der „Erörterung der Sach- und Rechtslage“ den Antrag zurück.

Die Mutter des Angeklagte meldet sich kurze Zeit später bei mir. Bittet darum, ihren Sohn aus dem Gefängnis zu holen. Er sitzt jetzt schon fast einen Monat in der Justizvollzugsanstalt Moabit, nahe dem Hauptbahnhof. Nachdem ich ihn in der JVA besucht habe und er eine Vollmacht unterschreiben hat, beantrage ich die weitere Durchführung eines Haftprüfungstermins und Akteneinsicht. Rund 10 Tage später verschont ihn der zuständige Haftrichter von der Untersuchungshaft – er müsse sich aber vier mal in der Woche bei dem zuständigen Polizeiabschnitt melden. Das tut er mehr als neun Monate lang – bis auf einziges Mal, weil er mit seinem Hund zum Tierarzt musste.

Bewaffneter Handel mit Betäubungsmitteln: Geständnis vor Gericht

Vor Gericht legt Friedrich P. seinen Lebenslauf dar: Nach der Schule machte er eine Ausbildung zum Maler. Nach einigen Jahren bemerkte er, dass er auf gewisse Konservierungsstoffe allergisch reagiert. Er gab den Job auf. Kredite konnten nicht mehr bedient werden und die Freundin verließ ihn. Er wurde drogenabhängig, vor allem Speed hatte es ihm angetan. Zu Pandemiezeiten konsumierte er fast täglich. Irgendwann entschied er sich dazu, seinen Konsum durch eigene Handel zu finanzieren. Eine Beichte rettet ihn vor einer empfindlicheren Haftstrafe und die Annahme eines minderschweren Falls.

Das Gericht verurteilt ihn zu einer Haftstrafe von 9 Monaten, deren Vollstreckung für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von 12 Monaten gefordert, die Verteidigung 7 Monate.

Bewaffneter Handel mit Betäubungsmitteln: Milde Strafe für Spandauer 

Ehssan Khazaeli

Ehssan Khazaeli

Rechtsanwalt
Strafrecht · Medienrecht

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