Der Konflikt zwischen einer Mutter und ihrer 32-jährigen Tochter wurde vergangene Woche vor einer Richterin des Amtsgerichts Tiergarten ausgetragen. Die Tochter hatte ihrer Mutter vorgeworfen, sie im April 2022 im Hausflur massiv misshandelt zu haben. »Immer und immer wieder« habe sie mit einem Ring auf ihre Tochter eingeschlagen. Alles Quatsch, »Meine Tochter wurde noch nie geschlagen – zumindest nicht von mir«, erklärte die Angeklagte, die sich von dem Berliner Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli verteidigen ließ.
Erst am darauffolgenden Montag hatte die Geschädigte ihre Verletzungen in der Gewaltschutzambulanz der Charité dokumentieren lassen – sich aber nicht behandeln lassen. Zur Erklärung führte sie aus, sie habe eine Phobie vor Ärzten. Der Polizei gegenüber hatte sie aber vor einem Jahr erklärt, sie sei zu dem Zeitpunkt gar nicht krankenversichert gewesen. Die Geschädigte hatte die Anzeige allerdings auch erst zwei Monate nach den Vorfällen erstattet. Aus der polizeilichen Vorgangsnummer ergab sich zudem, dass diese um 3.30 Uhr in der Nacht erstattet wurde – eine höchst ungewöhnliche Zeit um eine Anzeige zu erstatten. Weil die Angeklagte aber unter laufender Bewährung stand, klagte die Amtsanwaltschaft Berlin die Tat zum Strafrichter an. Bereits während der Vernehmung der Zeugin kamen dem Gericht Zweifel an der Glaubwürdigkeit auf. Auf Fragen antwortete die Zeugin nur ausweichend und langatmig.
Während ihrer Vernehmung gab die Geschädigte an, mehrfach wuchtig mit einem Ring gegen den Kopf geschlagen worden zu sein. Dagegen verhielten sich die Aufzeichnungen der Gewaltschutzambulanz gar nicht. Sie stellten sich als sehr viel geringfügiger dar, insbesondere waren nur kleinere Schürfwunden zu sehen. Die Tochter erklärte, dass man die Verletzungen auf dem Kopf eben nicht sehen würde, was die Richterin hinterfragte – schließlich würden die Ärzte der Gewaltschutzambulanz sehr genau untersuchen.
Als das Fragerecht auf die Verteidigung überging, wurde zunächst nach einer Unterbrechung der Verhandlung gebeten. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde zwischen Gericht, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung die Zeugenaussage beurteilt. Dabei wurde deutlich, dass das Verfahren an dieser Stelle beendet werden könnte. Die Beschuldigte soll auf Vorschlag der Verteidigung innerhalb von sechs Monaten einen Betrag in Höhe von 300 Euro an eine gemeinnützige Organisation aus ihrem Postleitzahlenbezirk zahlen. Nach Erfüllung dieser Auflage würde das Verfahren endgültig eingestellt werden.
Ein Freispruch hätte vorausgesetzt, dass das Verfahren vollständig zu Ende geführt wird. Dazu hatte die Verteidigung die Vernehmung von fünf Zeugen beantragt, die an dem ersten Verhandlungstag nicht hätten gehört werden können. Es hätte ein weiterer Termin vereinbart werden müssen. Weil die Richterin aber kurze Zeit später in den Urlaub gegangen wäre, hätte Hauptverhandlung nicht innerhalb der kommenden drei Wochen stattfinden können, weswegen das Verfahren nach § 229 Abs. 1 StPO zu beenden gewesen wäre und ggf. von neuem hätte begonnen werden müssen.
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