Fahren ohne Fahrerlaubnis – Amtsanwaltschaft stellt Verfahren ein

Nachts um halb drei irgendwo in Hellersdorf. Eine junge Frau fährt mit eine Mietwagen, der ein Wiesbadener Kennzeichen hat, durch die Nacht. Ein Streifenwagen hält sie an und verlangt von ihr ihren Führerschein. Die junge Dame lebt seit acht Monaten in Berlin. Eigentlich kommt sie aus der Ukraine und zeigt jetzt auch bei der Kontrolle ihren 12 Jahre alten ukrainischen Führerschein vor. Die Streifenwagenbesatzung weiß nicht, ob er echt ist oder eine Fälschung ist. Sie führt einen Schnelltest durch. Dieser sagt »verdächtig«. Die Streifenwagenbesatzung kann nicht ausschließen, dass der Führerschein eine Fälschung ist und leitet gegen die junge Dame ein Verfahren wegen Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) ein. Anders als die Überschrift vermuten lässt, wird nicht nur das Fälschen der Urkunde bestraft, sondern auch das Verwenden einer falschen Urkunde.

Vorort beschwichtigt die junge Dame in Englisch, dass es sich sicher um einen echten Führerschein handelt. Abschließend kann das die Streifenwagenbesatzung nicht beurteilen, weswegen der Führerschein erst einmal beschlagnahmt wird. Später werde ich beantragen, dass diese Beschlagnahme durch einen Richter bestätigt werden soll – dazu kommt es aber nicht mehr.

Weil vermutet wird, dass der Führerschein falsch ist und die junge Dame auch ohne Fahrerlaubnis unterwegs war, wird gegen sie ein Verfahren wegen des Vorwurfs des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) eingeleitet.

Landeskriminalamt bestätigt Echtheit des Führerscheins

Polizeiabschnitte sind nicht dafür ausgestattet, die Echtheit von ukrainischen Führerscheinen zu prüfen. Derartige Arbeiten werden von den Experten des Landeskriminalamtes übernommen. Weil es meiner Mandantin auch etwas eilig ist und ihr die Weiterfahrt untersagt wurde, leite ich vieles in die Wege, um die Überprüfung zu beschleunigen. Der Polizeiabschnitt in Hellersdorf liegt auf dem selben Grundstück auf dem auch die Spezialisten für Urkunden des Landeskriminalamtes sitzen. Es sind rund 50 Meter Luftlinie zwischen den Fluren. Es wäre ein Spaziergang über den Parkplatz, um den Führerschein vom Abschnitt zum Landeskriminalamt zu bringen. Es wäre. In Berlin funktioniert das alles ein wenig anders. Der Vorgang muss zunächst an das LKA übergeben werden. Dort kommt er zu einer zentralen Koordinierungsstelle, wo entschieden wird, wo der Vorgang landet. Und so kommt es dann, dass der Ausweis 10 Tage später wieder in Hellersdorf ist – nur eben einige Meter weiter. Mit dem zuständigen LKA hatte ich schon im Vorfeld Kontakt aufgenommen und darum gebeten, dass der Vorgang vorgezogen wird. Eines Nachmittags erhalte ich dann auch den Rückruf des LKA: Einen Vormittag lang haben die Experten den Führerschein beurteilt und sind zu dem Schluss gekommen, dass er echt ist. Er könne sofort abgeholt werden. Eine Strafbarkeit liegt nicht vor. Von der Vorlage zum Richter sollte abgesehen werden. Damit bin ich natürlich einverstanden.

Fahren ohne Fahrerlaubnis eingestellt

Kommt aber noch das Fahren ohne Fahrerlaubnis. Das Problem ist einfaches: Deutschland hat kein Abkommen mit der Ukraine. Deren Führerscheine sind hier sechs Monate gültig und anschließend nicht mehr. Wer in der Zwischenzeit seinen Führerschein nicht umschreiben lässt riskiert ein Strafverfahren. Ein Problem in Berlin ist, dass man es gar nicht schafft, einen Führerschein in dieser Zeit zu machen. Darauf weise ich den zuständigen Amtsanwalt hin. Dieser stellt das Verfahren dann auf meinen Vorschlag nach § 153 Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) ein. Danach kann ein Verfahren bei geringer Schuld und/oder Geringfügigkeit eingestellt werden. Zugleich warnt die Amtsanwaltschaft Berlin aber auch: Sollte die junge Dame erneut ohne gültige Fahrerlaubnis erwischt werden, könnte sie nicht mehr ohne Weiteres mit einer Verfahrenseinstellung rechnen können.