Seit 2008 müssen Ausländer, die die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen wollen einen Sprachtest ablegen. Damit sollen ausreichende Sprachkenntnisse nachgewiesen werden. Bei den Sprachtests wird offenbar im großen Stil getrickst.
Einer Lehrerin an einer Volkshochschule kam der Pass der vietnamesischen Staatsangehörigen sehr verdächtig vor. Anders als sonst üblich wurde zur Bindung nicht ein dicker Faden genutzt, sondern zwei Tackernadeln. Auch das Blatt auf dem das Passbild kleben sollte, erschien der jungen Lehrkraft etwas merkwürdig. Sie verständigte die Polizei und bat darum, die Personalien der jungen Kandidatin feststellen zu lassen. Diese gab der eingesetzten Streifenwagenbesatzung an, eine Freundin habe sie darum gebeten, den Sprachtest für sie abzulegen. Den Ausweis habe sie von ihr erhalten. Einen Namen wollte sie nicht nennen.
Zunächst führte die Polizei sie als Zeugin – was zur Konsequenz gehabt hätte, dass sie der Polizei gegenüber die Wahrheit hätte sagen müssen. Erst auf Hinweis der Verteidigung, wurde sie fortan als Beschuldigte geführt und erklärt, dass sie keine weiteren Angaben zur Sachen machen werde. Die Streifenwagenbesatzung ermittelt zunächst wegen des Vorwurfs des Betruges. Der Betrug nach § 263 StGB setzt allerdings einen Vermögensvorteil voraus – die deutsche Staatsbürgerschaft hat allerdings keinen rechtlichen Vermögenswert.
Anschließend ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Urkundenfälschung: Der Sprachtest würde eine Urkunde sein, diese wäre falsch, da sie nicht von der Person stammen, die als Aussteller des Testes erscheint. Auf den Einwand der Verteidigung, dass gar nicht feststand, wie weit der Test fortgeschritten war und auch noch gar nicht feststand, ob dieser tatsächlich abgegeben werden würde, verwarf die Staatsanwaltschaft diese Ermittlungen. Dass in dem Vorlegen des falschen Reisepasses zugleich ein Gebrauch einer falschen Urkunde liegen kann, sahen die Staatsanwälte offenbar nicht.
Anschließend stellte die Staatsanwaltschaft auf ein anderes Delikt ab: Nach § 281 StGB Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer ein Ausweispapier, das für einen anderen ausgestellt ist, zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht. „Bei Vergehen, die mit maximal einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden können, handelt es sich um Straftaten im Bagatellbereich“, führte Ehssan Khazaeli aus. Die Beschuldigte war bisher nie strafrechtlich in Erscheinung getreten und räumte ihren Fehler reumütig ein. Gegen einen erlassenen Strafbefehl über 100 Tagessätze zu je 30,00 Euro wurde Einspruch eingelegt. Das Verfahren wurde gegen Zahlung von 500,00 Euro an eine gemeinnützige Organisation gem. § 153a Abs 1 StPO eingestellt.
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Ehssan Khazaeli
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