Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das gegen einen 29-jährigen Mann geführte Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung am vergangenen Montag eingestellt. Dem waren zunächst umfangreiche Ermittlungen der Berliner Polizei vorausgegangen.
Zwei Menschen treffen an einem Samstagmorgen zufällig im Norden Neuköllns aufeinander. Für Beatrice M. verlief der Abend feierlich. Gemeinsam mit Kollegen verbrachte sie den Tag am Flughafensee in Tegel. Dort soll sie erhebliche Mengen Alkohol getrunken haben. Auch Speed soll sie konsumiert haben. Irgendwann macht sie sich auf den Weg Richtung Neukölln. Irgendwo im Bergmann-Kiez liegt ihre Wohnung. Vorher geht sie noch auf eine Vernissage in einer Galerie. Dort trinkt sie Sekt. Es ist schon nach 3.00 Uhr, als sie auf Mohammed R. trifft. Er spricht sie an und fragt, ob sie Hilfe braucht. Sie urinierte gerade auf dem Gehweg. Beide beschließen an die Sprint-Tankstelle an der Karl-Marx-Straße zu laufen.
Dort rauchen beide eine Zigarette und trinken noch ein Bier, so erinnert sich Mohammed später an den Abend. Gemeinsam laufen sie dann zum Bahnhof Hermannplatz. Auf dem Weg zum Bahnhof fragt sie Mohammed nach Kokain oder Haschisch. Beides hat er nicht. Auf dem Bahnsteig angekommen schläft Mohammed R. auf einer Bank ein. Beatrice weckt ihn, es seien nur zwei Stationen bis zu ihr. Am U-Bahnhof Mehringdamm angekommen meinte sie, man sei zu weit gefahren. Man müsse nun Richtung Südstern zurücklaufen. Dort angekommen soll die Frau sich zunächst an den Laptop gesetzt und Musik eingeschaltet haben, schreibt Mohammed R. später in einer Stellungnahme. Er geht zunächst auf die Toilette und raucht eine Zigarette. Es kommt auf der Couch zum Geschlechtsverkehr. Irgendwann greift sie seine Hand und führt sie in ihren Intimbereich – fängt an ihn zu küssen. Doch Mohammed ist mittlerweile zu müde für ein zweites Mal. Beide schlafen ein. Nach einigen Stunden steht er auf, schreibt seine Telefonnummer auf einen Zettel und hinterlässt ihn auf dem Couchtisch. Die Polizei wird später in der Einzimmerwohnung eine Schachtel Zigaretten und einen Zigarettenstummel als Spurenträger sicherstellen.
Am nächsten Mittag schreibt Beatrice eine Nachricht an Mohammed. Warum er bei ihr gewesen sei und was passiert sei. Er sagt, sie sei betrunken gewesen und er habe sie nach Hause gebracht. Es sei aber alles okay gewesen. Sie droht : „Antworte, oder ich rufe jemanden, um dich zu finden.“ Dann passiert zunächst nichts. Rund sechs Monate nach dem Sommerabend erhält Mohammed eine Vorladung vom Landeskriminalamt LKA 134. Er sei Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung. Er soll in zwei Wochen zur Vernehmung erscheinen. Beatrice habe Anfangs mit sich gehadert, ob sie wirklich den Weg zur Polizei gehen sollte. Eine Freundin hatte sie ermutigt. So recht kann sie sich aber nicht mehr an die Nacht erinnern. Nur Fetzen von Erinnerungen drängen durch ihren Kopf. Sie kann nicht einmal mehr sagen, wie sie genau nach Hause gekommen ist. Nach der Vernehmung ruft sie bei der Ermittlerin an und beschwert sich über die Art der Vernehmung. Sie sei sich wie die Beschuldigte vorgekommen. Eine frauenärztliche Untersuchung erbrachte keine Beweise für eine Vergewaltigung. Die Telefonnummer auf dem Tisch führt die Ermittler später zu dem Beschuldigten.
Der Tatbestand der Vergewaltigung setzt nach § 177 Abs. 6 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) voraus, dass sexuelle Handlungen gegen den erkennbaren Willen des Betroffenen durchgeführt werden. Der entgegenstehende Wille muss nach außen erkennbar sein und von dem Täter zumindest billigend in Kauf genommen werden. Beatrice M. wirkte aber den gesamten Weg über orientiert und handlungsfähig. Wie will sie sonst den Weg nach Hause gefunden haben und am Bahnhof darauf hingewiesen haben, man sei mit der U-Bahn zu weit gefahren. Daher dürfte auch der sexuelle Missbrauch widerstandsunfähiger Personen ausgeschlossen sein. Der Beschuldigte habe freiwillig einen Zettel mit seiner Telefonnummer hinterlassen und außerdem Spuren in Form einer Kippe und einer Zigarettenschachtel hinterlassen. Ein Täter der darauf hofft, dass sich vermeintliche Geschädigte bei sich meldet. Das kommt selbst den Ermittlern merkwürdig vor. Gänzlich ausgeschlossen ist das zwar nicht, zumindest wäre es aber ungewöhnlich. Das Verfahren gegen Mohammed R. wird eingestellt: Im Fall einer Anklageerhebung sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass ein Gericht ihn verurteilt. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft sind verpflichtet, bei Anhaltspunkten für strafrechtlich relevantes Verhalten Ermittlungen einzuleiten.
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Ehssan Khazaeli
Rechtsanwalt
Strafrecht · Medienrecht
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