In einem seit mehreren Jahren andauernden Verfahren hat das Kammergericht ein Machtwort gesprochen und ein Verfahren in die nächste Instanz gebracht.
Die Angeklagte ist eine bekannte Journalistin. Sie betreibt einen Telegram-Kanal, dem mehrere Zehntausende Teilnehmer folgen. Dort verlinkte sie als Quelle ein Video auf YouTube. YouTube zog sich das Thumbnail, das neben einem Bild des Protagonisten einen Davidstern aber auch ein Hakenkreuz enthielt. Die Staatsanwalt Berlin beantragte daher wegen des Verwendens verfassungswidriger Symbole eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 100,00 Euro – also 3.000 Euro. Der gegen diesen vom Amtsgericht Tiergarten erlassenen Strafbefehl eingelegte Einspruch war erfolgreich. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte die Angeklagte zwar erneut wegen Verwenden verfassungswidriger Symbole, sah allerdings von einer Bestrafung nach §§ 86a Abs. 3, 86 Abs 5. StGB ab.
Die dagegen gerichtete Berufung der Angeklagten, die zugleich mit den Verfahrenskosten belastet war, nahm das Landgericht Berlin I nicht zur Entscheidung an. Es läge ein Fall der Annahmeberufung nach § 313 StPO vor, hieß es in dem Beschluss der Vorsitzenden Richterin. Die Berufung sei also nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen zulässig. Auf die sofortige Beschwerde der Angeklagten wurde die Entscheidung durch das Kammergericht aufgehoben.
§ 313 StPO regelt zwar dem Wortlaut nach, dass die Berufung im Fall der Verurteilung zu einer Geldstrafe unter 15 Tagessätzen der Annahme durch das Berufungsgericht bedürfe – der Fall, dass das Gericht von Strafe absehe, sei allerdings wörtlich nicht geregelt. Das Landgericht war noch der Auffassung, dass dieser Fall „erst recht“ ein Fall der Annahmeberufung sei. Dagegen bringt der Senat des Kammergerichts vor, dass eine derartige Auslegung gegen den Grundsatz der Rechtsmittelklarheit verstoßen dürfte. „Eine Festlegung dahingehend, dass einzelne Bereiche der Bagatellkriminalität bewusst, andere hingegen nur versehentlich nicht geregelt wurden, erscheint vor dem Hintergrund einer explizit unvollständigen Regelung bereits im Ansatz problematisch und kann jedenfalls für die Rechtsfolge des Absehens von Strafe nicht erfolgen.“
Das Landgericht Berlin I wird sich daher im Laufe des Jahres noch einmal – diesmal aber inhaltlich – mit der Sache befassen müssen und vielleicht auch noch mal das Kammergericht.
Über die Entscheidung bloggte der Kollege Burhoff.
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Ehssan Khazaeli
Rechtsanwalt
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